Die Corona Epidemie ist binnen weniger Wochen weltweit zu einer schwerwiegenden Krise herangewachsen. Die massiven Beschränkungen des öffentlichen Lebens zur Bekämpfung des Virus in vielen Ländern bedeuten einen unvorhergesehenen Schock für die Wirtschaft und stellen Unternehmen vor nicht gekannte Herausforderungen. Zusätzlich besteht eine große Unsicherheit wie lange die Maßnahmen aufrechterhalten werden müssen und können.
Wie groß ist der wirtschaftliche Schaden?
Diese Unsicherheit spiegelt sich auch in den aktuellen Konjunkturprognosen für das Jahr 2020 wieder. Sie weisen eine enorme Spannweite auf. So geht beispielsweise das „Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung“ (DIW) im Falle einer schnellen Normalisierung der Situation von einem Schrumpfen des Bruttoinlandsprodukts in Deutschland um lediglich 0,1 Prozent aus. Das „Institut für Weltwirtschaft“ (IfW) geht für den Fall einer Verlängerung der Beschränkungen bis Ende April von einem Rückgang um 4,5 Prozent aus. Dauert der augenblickliche Zustand bis Ende Juli an, so geht das Institut sogar von einem Minus von 8,7 Prozent aus. Das „Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München“ (Ifo) hat ebenfalls zwei Szenarien erstellt, für die fiskalische Gegenmaßnahmen jedoch unberücksichtigt bleiben. Dem optimistischen ist eine Beschränkung des öffentlichen Lebens bis Anfang Mai zugrunde gelegt. Für diesen Fall prognostiziert das Ifo-Institut eine Spannweite von minus 7,2 bis minus 11,2 Prozent. Sollten die ergriffenen Maßnahmen erst Anfang Juni wieder aufgehoben werden, so würde der Rückgang des Bruttoinlandsprodukts schätzungsweise zwischen 10,0 und 20,6 Prozent liegen. Zwar ist die genaue Bezifferung des zu erwartenden Konjunktureinbruchs schwierig, ein signifikanter Rückgang der wirtschaftlichen Aktivität aber scheint unausweichlich. Das Bundeswirtschaftsministerium geht für den Nachtragshaushalt von einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts von 5 Prozent aus, räumt jedoch ein großes Abwärtsrisiko ein. Diese Prognose berücksichtigt bereits die verabschiedeten fiskalischen Maßnahmen der Regierung.
Wie steuert der Staat dagegen?
Um der Krise zu begegnen hat die Bundesregierung ein umfassendes Gesetzespaket beschlossen. Dieses sieht zum einen eine Anpassung des Rechtsrahmens an die sich ändernden Bedingungen vor, zum Beispiel die Möglichkeit einer digitalen Jahreshauptversammlung für Unternehmen. Zum anderen beinhaltet es einen großen fiskalischen Stimulus. Unternehmen und Haushalte, die durch die Krise in finanzielle Schieflage geraten, sollen mit ausreichend Liquidität versorgt werden. Die Maßnahmen belaufen sich in Summe auf 750 Milliarden Euro. Darin enthalten sind 400 Milliarden Euro an Garantien für Unternehmen, 100 Milliarden Euro an Liquiditätshilfen durch die KfW und weitere 100 Milliarden Euro für staatliche Beteiligungen an Unternehmen. In der Summe ebenfalls enthalten ist ein Nachtragshaushalt in Höhe von 156 Milliarden Euro. Dieser sieht 50 Milliarden Euro für Solo-Selbstständige vor sowie 3,5 Milliarden Euro für unmittelbare Notwendigkeiten wie medizinische Schutzausrüstung und die Rückführung deutscher Urlauber. Außerdem berücksichtigt sind geringere Steuereinnahmen in Folge des wirtschaftlichen Einbruchs in Höhe von 33,5 Milliarden Euro. Darüber hinaus soll ein zusätzlicher wirtschaftlicher Impuls von den Landesregierungen ausgehen. Die bayerische Landesregierung hat beispielsweise bereits ein Hilfspaket in Höhe von 20 Milliarden Euro zugesichert.
Neben einem stärkeren Mieterschutz, darf Kurzarbeitergeld rückwirkend zum 1. März beantragt werden. Die Bundesagentur für Arbeit schätzt, dass 2,35 Millionen Beschäftigte auf diese Unterstützung angewiesen sein werden und dadurch zusätzliche Kosten in Höhe von 10,05 Milliarden Euro entstehen werden. Diese Kosten können vorerst aus den Rücklagen der Agentur bezahlt werden, welche sich auf 26 Milliarden Euro belaufen. Kurzarbeitergeld war bereits in der Finanzkrise 2008/09 erfolgreich, da erfahrene Arbeitnehmer nicht entlassen werden mussten als die Aufträge wegbrachen und in der auf die Krise folgende wirtschaftliche Erholung nicht neu angeworben werden mussten. Der Staat übernahm 60 Prozent der durch die Kurzarbeit entstandenen Einkommensverluste. Die Regierungen von Dänemark, Norwegen und Schweden haben als Reaktion auf die Coronakrise ebenfalls ein Kurzarbeitergeld eingeführt. Weitere Länder wie Frankreich, das Vereinigte Königreich und Italien haben vergleichbare Maßnahmen ergriffen.
Was unternimmt die europäische Geldpolitik?
Die Europäische Zentralbank (EZB) reagierte auf die drohende Wirtschaftskrise in zwei Schritten. Zum einen beschloss sie am 12. März ein neues Anleihekaufprogramm in Höhe von 120 Milliarden Euro in dem Unternehmensanleihen eine bedeutende Rolle einnehmen, sowie Maßnahmen um die Liquiditätsposition des Bankensektors zu verbessern. Da sich die Krise und die zu erwartenden wirtschaftlichen Folgen zunehmend verschärften, kündigte die EZB am 18. März ein Kaufprogramm in Höhe von 750 Milliarden Euro an. Das Programm soll Unternehmensanleihen und staatliche Schuldtitel umfassen und bis vorerst Ende 2020 laufen. In ihrem Umfang übersteigen die EZB Maßnahmen diejenigen aus der Finanzkrise bereits jetzt.
Droht eine neue Staatsschuldenkrise?
Selbst wenn die Krise einen glimpflichen Verlauf nimmt, kommen nicht allein auf den deutschen Fiskus, sondern auf alle betroffenen Staaten, erhebliche Mehraufwendungen zu. Die Schuldenquoten der Staaten werden neben den zusätzlichen Ausgaben bei geringeren Einnahmen durch ein Schrumpfen des Bruttoinlandsprodukts in die Höhe getrieben. Die Staaten der europäischen Währungsunion verfügen über unterschiedliche fiskalische Möglichkeiten und werden durch die Viruskrise möglicherweise unverschuldet in eine finanzielle Notlage gebracht. Aus diesem Grund werden Stimmen laut, die, anders als in der Staatsschuldenkrise, die anfallenden Kosten solidarisch verteilen wollen. Bereits jetzt steht die Überlegung im Raum mit dem für die Staatsschuldenkrise entwickelten und bisher ungenutzten Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) hochverschuldete und besonders stark von der Krise betroffene Staaten mit ausreichend finanziellen Mitteln zu versorgen. Darüber hinaus wird die Ausgabe gemeinschaftlicher Schuldtiteln der Länder der Eurozone, sogenannter „Eurobonds“ von einigen Ländern ins Spiel gebracht, um für den Zeitraum der Krise zu verhindern, dass einzelne Staaten in Zahlungsschwierigkeiten geraten.
Für Deutschland hat Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier indes eine relativ schnelle Rückkehr zu einem ausgeglichenen Haushalt in Aussicht gestellt. Tilgungen für die neuen Schulden seien demnach bereits ab 2023 geplant. Das hängt natürlich maßgeblich davon ab, wie sich die Wirtschaft in und nach der Krise entwickeln wird und wie schnell es wieder eine Rückkehr zur „Normalität“ geben wird. Wie die eingangs erwähnten Prognosen zeigen, ist diesbezüglich eine genaue Einschätzung weiterhin schwierig.