Die Aktienmärkte erlebten erneut eine volatile Woche, wobei US-Aktien im September ihren größten monatlichen Ausverkauf seit März 2020 hinnehmen mussten. Wie in den letzten Wochen diskutiert, bereiten sich die Anleger darauf vor, dass die US-Notenbank Fed ihre geldpolitische Unterstützung zurückfahren wird. Hinzu kommen zunehmende Befürchtungen über ein sich verlangsamendes Wirtschaftswachstum, eine erhöhte Inflation und Engpässe bei den Lieferketten. Außerdem belastete das Risiko eines „Shutdowns“ der US-Regierung aufgrund von Streitigkeiten zwischen den Demokraten und Republikanern über den Staatshaushalt die Märkte.
Aus der US-Wirtschaft kamen in der letzten Woche eher gemischte Signale. Die ISM-Umfrage für das verarbeitende Gewerbe hat sich im September unerwartet aufgehellt. Die Ursache dafür ist die starke Nachfrage, die die Lieferengpässe in der Industrie ausgleicht. Gleichzeitig deutet der nur sehr bescheidene Anstieg des Beschäftigungsindex nicht darauf hin, dass das Ende der Arbeitslosenunterstützung das Arbeitskräfteangebot erhöht hat. Im September waren nämlich die Unterstützungszahlungen seitens der US-Regierung in einigen Bundesstaaten ausgelaufen, was die Hoffnung aufkommen ließ, dass wieder mehr Menschen aktiv nach Arbeit suchen würden und somit die Arbeitskräfteknappheit in den USA abgemildert werden würde. Des Weiteren sank das US-Verbrauchervertrauen auf ein 7-Monats-Tief, während die realen Konsumausgaben im dritten Quartal um 0,1% auf Quartalssicht zurückgingen.
Trotz dieser gemischten Daten argumentierte der Präsident der New Yorker Niederlassung der Fed, John Williams, dass die Wirtschaft stark genug sei, um mit dem Zurückfahren der Anleihekäufe („Tapering“) zu beginnen. Gleichzeitig forderte er aber Geduld bis die Zinsen angehoben werden. Unterdessen verkündete Charles Evans von der Chicago Fed, er unterstütze höhere Zinssätze im Jahr 2023. Der genaue Zeitpunkt werde von der Inflationsentwicklung abhängen. Der Vorsitzende der Fed, Jerome Powell, warnte davor, dass die Inflation aufgrund von Engpässen, Job-Einstellungsschwierigkeiten und anderen Einschränkungen länger als erwartet hoch bleiben könnte. Er äußerte sich jedoch vorsichtig optimistisch, dass sich diese Störungen letztendlich als vorübergehend erweisen würden, eine Ansicht, die seine Kollegen bei der Europäischen Zentralbank (EZB), der Bank of England und der Bank of Japan auf der virtuellen EZB-Konferenz in der letzten Woche teilten.
Irlands Zentralbankgouverneur sagte dazu, dass die Ratsmitglieder bereit sein müssen, auf eine anhaltend höhere Inflation zu reagieren, die aus anhaltenden Lieferengpässen resultieren könnte, falls sie am Ende zu steigenden Löhnen führen. Was mit den Anleihekaufprogrammen der EZB passiert, wird wohl im Dezember bei der Notenbanksitzung heiß diskutiert werden. EZB-Ratsmitglied Peter Kazimir sagte dazu, die EZB müsse nicht unbedingt ihr älteres Anleihekaufprogramm (APP) hochfahren, wenn das Pandemie-Notprogramm ausläuft.
Aus Europa bzw. Deutschland kamen durchaus positive Nachrichten aus der Wirtschaft während gleichzeitig auch hier die Preise weiter anziehen: In der Eurozone stieg das Wirtschaftsvertrauen leicht an, unterstützt durch optimistischere Verbraucher. Ein Maß für die Beschäftigungserwartungen in allen Wirtschaftssektoren erreichte dabei den höchsten Stand seit etwa drei Jahren. Jedoch stiegen die Erwartungen über Verkaufspreise gleichzeitig an, sodass die europäischen Verbraucher weiter mit einer höheren Inflation rechnen müssen. Im September erreichte die Inflation ein 13-Jahres-Hoch von 3,4% (nach 3,0% im Vormonat) und wurde dabei insbesondere durch höhere Energiepreise getrieben. Die Kerninflation, die Energie- und Lebensmittelpreise ausschließt, erreichte 1,9%. In Deutschland stiegen die Einzelhandelsumsätze im August um 1,1%, was zwar etwas schlechter als erwartet war, aber auch der letzte Monat war weniger schlecht als ursprünglich berichtet. Auch der Arbeitsmarkt entwickelt sich weiter positiv: Die Zahl der Arbeitslosen ging um 30.000 zurück, nach 53.000 im Vormonat, während die Arbeitslosenquote konstant bei 5,5% verharrte. Weniger als 700.000 Personen erhielten nach Angaben des Ifo-Instituts noch Kurzarbeitergeld, nachdem im April 2020 ein Pandemie-Höchstwert von etwa 6 Mio. erreicht wurde. Jedoch stieg auch in Deutschland die Inflation im September weiter auf 4,1% an, den höchsten Stand seit fast 30 Jahren, was der Prognose der Bundesbank entspricht, die die Inflation gegen Jahresende bei 4 bis 5% sieht.
Die Preissteigerungen setzen sich also weiter fort, während sich die Wirtschaft weiter erholt, wenn auch mit nachlassender Dynamik. Wann genau das Rückfahren der ultra-lockeren Geldpolitik seitens der Zentralbanken erfolgen wird und wie schnell sie vonstattengehen wird, bleibt noch Gegenstand vieler Diskussionen unter Zentralbankern, die durchaus unterschiedlicher Meinung sind. Die anstehenden Sitzungen der Zentralbanken könnten dabei vielleicht schon ein klareres Bild liefern, was sicher auch die Anleger am Aktienmarkt interessieren wird.